Geschichte des MGB
Eine Chronik von Wolfgang Martin und Bernhard Wendel.
Vor 1500 Städtische Ratsschule
In Bretten gibt es eine Städtische Ratsschule mit Latein oder Latein/Deutsch. Da sich der Lehrer 1504 mit Syphilis infiziert hat, erhält Philipp Schwarzerd (später: Melanchthon) ab 1505 einen Hauslehrer – den Humanisten Unger aus Pforzheim!
Später wird Philipp die Lateinschule zu Pforzheim unter Leitung Reuchlins besuchen. Dieser Großonkel wird auch den Namen Schwarzerd ins Griechische übersetzen und den Großneffen Melanchthon nennen.
Nach 1556 Lateinschule
Die Reformation wird in der Kurpfalz eingeführt. Lehrer der Lateinschule ist der zweite Pfarrer der jeweiligen Staatsreligion, meist reformiert, während des 30jährigen Krieges katholisch. Der Schulbetrieb wird häufig unterbrochen durch Kriegswirren und Geldnot. „Es ist vor kurzen jahren neben der Teutschen Schul auch eine Lateinische gehalten worden, welche aber bey wenig jahren hero und zumalen weiln durch den lauffenden Krieg die collecturgefäll (= Besoldung der Lehrer aus kirchlichen Mitteln) nicht völlig eingehen, eingestellet…“. Die Schülerzahlen liegen zwischen 20 und 30, Schulhaus ist einfach das Dienstwohnhaus des Rektors, des einzigen Lehrers der Lateinschule (Platz: südlich der Stiftskirche, heute Diakonie).
Um 1800 Lateinschule
Weiterhin enge Verbindung der Lateinschule mit der Kirche. Beispiel: Pfarrer Riem unterrichtet 1803 Sprachen, Pfarrer Wagner Geschichte, Geographie, Naturgeschichte, Naturlehre und Technologie. Ab 1809 ist Riem allein, Alter und Erblindung lassen die Lateinschule bedeutungslos werden. Betuchte Brettener schicken ihre Söhne zum Schulbesuch ins „Ausland“, besonders ins Württembergische. Abbau konfessioneller Schranken – die Schule ist nun offen für evangelische, katholische und jüdische Schüler.
31. März 1832 Bürgerschule
Erlass des Großherzoglichen Hochpreißlichen Ministeriums des Innern Evangelische Kirchensektion vom 7.d.M. No 2030 für die Errichtung einer höheren Bürger- und Mittelschule in Bretten (Gilt als Gründungsdatum des MGB). Der Streit um die Finanzierung der Schule, die Stellung des Lehrers und die Schulräumlichkeiten zieht sich wie ein roter Faden durch die Schulgeschichte! Unterricht erfolgt in Religion, Deutsch, Französisch, Latein, Weltgeschichte, Arithmetik, Geometrie, Geographie, Naturgeschichte, Naturlehre, Technologie, Zeichnen, Kalligraphie, Gesang. Die Aufsicht obliegt dem evangelischen Dekan von Bretten, neben dem Diaconus, dem Schulleiter, unterrichten als Hilfslehrer ein Volksschullehrer und ein Lehrer der Zeichenschule.
1834-39 Bürgerschule
Leopold von Gottes Gnaden Großherzog von Baden und Herzog von Zähringen verordnet die Umwandlung der bisherigen Lateinschulen in höhere Bürgerschulen mit fünfjährigen Ausbildungskursen, ausdrücklich auch für Bretten. Ein neuer, diesmal staatlicher Lehrplan tritt in Kraft. Das Bezirksamt bestätigt allerdings widrige Schulraumverhältnisse in Bretten: „Das bisher bei einem Hafner gemiethete Local ist ein Winkel, durch eine Bretterwand in zwei Zimmer abgetheilt.“Diaconus Philipp Staatsmann eckt bei der Obrigkeit wie dem Oberstudienrath (= Kultusminister) mit seinen diesbezüglichen Beschwerden an – ja, er lässt die Beschreibung der Zustände sogar drucken und die Schriften im Musterländle verbreiten. Diaconus Staatsmann schlägt vor, Turnen als ordentliches Lehrfach der Schule einzuführen. Der Plan, den Klostergarten (heute: östlicher Bereich der Hebelschule) als Turnplatz zu verwenden, schlägt allerdings fehl. Keime für den heutigen Turnverein sind erkennbar. Als schlimmste Schulstrafe, die aber nur nach sorgfältigster Prüfung vorgenommen werden sollte, ist die Ausweisung eines Schülers von der Schule.
1852 Höhere Bürgerschule
Errichtung eines Schulhauses (Hebelschulgebäude an der Weißhoferstraße), das von der evangelischen Volksschule und von der höheren Bürgerschule bezogen wird. Die Schule dient allerdings nicht zur Vorbereitung auf ein Hochschulstudium, müssen die Schüler doch auswärts zum Abitur geführt werden. Zentral gestellte Prüfungsaufgaben durch den Oberstudienrath (=Kultusminister) bei der mittleren Reifeprüfung, Zweitkorrektur durch die Lehrerkonferenz der Schule und mündliche Prüfung durch den Prüfungskommissär oder die Lehrerkonferenz werden eingeführt. Die staatliche Bevormundung des Schulbetriebes schreitet also voran, Chancengleichheit aller Schüler soll gewahrt werden. 1855 besuchen 39 Schüler die Schule (26 evangelische, 10 israelitische, 3 katholische)
1875 Realschule
Das neue Schulhaus (Altbau des heutigen Gymnasiums) wird eingeweiht. Die Höhere Töchterschule ist zeitweilig auch in diesem Bau untergebracht. Ab 1906 sind Mädchen auch in der Realschule willkommen – Probleme bei dieser Koedukation sind nicht überliefert. Die Schüler und Schülerinnen sind eben brav und sittsam.1876 erfolgt die Verstaatlichung des badischen Schulwesens. Das Schulgeld beträgt 1876 18 RM (Unterklasse), 26 RM (Oberklasse) pro Jahr; 1909 bereits 96 RM. Schulgeld wird bis in die Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts erhoben. Schulgeldbefreiung war bis zu 10 % des Haushaltes möglich, setzte allerdings besondere Leistungen und bestes Betragen voraus. Schulstrafen sind drastisch; es können bis zu zwölf Stunden Karzer angeordnet werden.
1890 Realschule
Die städtische Turnhalle (heute die „alte“ Turnhalle) wird in Betrieb genommen und beendet die schwierigen Turnverhältnisse in der „Stadt Pforzheim“ oder im „Zähringer Hof“. Das eigene Schulgebäude und der badische Staat sorgen für kontinuierlichen Lehrbetrieb. 37 von 64 Eltern stimmen für grundständiges Latein als Pflichtfach. Aufstockung auf die sechsklassige Realschule. Die Schülerzahlen liegen bei 150 aus Bretten und Umgebung.
1927 Oberrealschule
60 000 RM kostet die Einrichtung von Unter- und Oberprima die Stadt Bretten – voller Stolz verlassen 1929 die ersten zehn Abiturienten die Brettener Oberrealschule. Kurzzeitig besteht analog zur Universität eine „Schülerburschenschaft“ mit Stammtisch und Burschenkappe.Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit führen zu drastischen Einsparungen. Die Oberstufe wird gekappt, Verringerung der Klassenstärken in Unter- und Mittelstufe.
Ab 1933 Oberrealschule
Inspektion der Schule, die Ideologisierung der Schule beginnt. Rassenkunde und Erbgesundheitslehre werden eingeführt. Das Verhältnis zwischen Schule und Staatspartei wird angespannt. Der Schulsamstag wird nun für den Dienst in HJ, BdM und beim Jungvolk benötigt. Die Lehrer werden auf den Führer vereidigt und müssen ihre arische Abstammung belegen, im Schulhof erfolgen Flaggenhissungen, jede Klasse muss mit Spendengeld ein Führerbild beschaffen.
1937 Oberschule bzw. Melanchthonschule
Die nationalsozialistische Neuordnung des Schulwesens beschert der Schule einen neuen Namen: Oberschule für Jungen (Mädchen werden gelitten und können auf Antrag die Obersekunda besuchen), Melanchthonschule, Nichtvollanstalt. Die Brettener Oberschule wird 1938 Vollanstalt und zwar achtjährig wie im gesamten Großdeutschen Reich!Gesinnungstreuer Gleichschritt, Reden des Führers und propagandistische Filme im Capitol werden jetzt wichtiger als Vokabeln und Formeln.
1943 Oberschule
Der Besuch von Gottesdiensten vor Unterrichtsbeginn und kirchlicher Religionsunterricht werden ausdrücklich verboten. Ab 1939 erfolgen bereits Luftschutzübungen und kündigen den bevorstehenden Krieg an. Die Klassen 1 bis 3 begeben sich in den Luftschutzbunker neben der Hausmeisterwohnung, die Klassen 4 bis 8 in den Heizungskeller (heute MGB-Keller). Sparmaßnahmen erfolgen, die Deputate werden erhöht, Lehrpläne ausgedünnt, Schulbücher und Schreibmaterial fehlen. Der Verzicht auf Kenntnisse soll durch eine politische Aktivierung der Schule ausgeglichen werden. Nationalsozialistische Moral ist gefragt. Direktor Schwab vom Juni 1944: „Im Hinblick auf die morgige Anmeldung der Sextaner bitte ich, die Aufsicht streng zu handhaben, damit die Eltern nicht den Eindruck eines Tollhauses mitnehmen.“ Zu oft erreicht die Nachricht über Abiturienten die Heimatstadt: „Gefallen für Führer, Volk und Vaterland“. Regelmäßiger nächtlicher Fliegeralarm führt zu einer Unterrichtsverschiebung auf den Nachmittag für die unteren drei Klassen. 1944/45 wird das gesamte Schulgebäude Lazarett.
1946 Realgymnasium
Am 6. April 1945 marschieren französische Truppen ein, das Schulhaus wird geplündert, der größte Teil des Unterrichts- und Archivmaterials zerstört.
1946 Wiederaufnahme des Unterrichts.
Schwierige Situation des Schulbetriebs. Kommissarische Schulleitung: Maria Graab, ihr folgt StR. Engeßer, StR. Noe und ab 1951 OStD Kochendörfer.
Die Schülerspeisung wird eingeführt.
Juni 1948 erfolgt das erste Abitur nach Kriegsende.
Grundständige Fremdsprachen: Latein oder Englisch.
1954 Melanchthon-Gymnasium
Die erste Schulsekretärin Frl. Wirth kommt von der Stadtverwaltung und der Name „Melanchthon-Gymnasium“ wird offiziell eingeführt! 1957 wird die Sprachenwahl eingeschränkt: Englisch für alle Sextaner, Französisch oder Latein ab Quarta. Die Schule wird als naturwissenschaftlich-mathematisch genehmigt. Am 4. Mai 1963 wird der Seemannbau (Mittelbau) mit naturwissenschaftlichen Fachräumen eingeweiht. Renovation des Altbaus. OStD Leinberger wird 1964 neuer Schulleiter. Eine grundlegende Bildungsreform wird eingeläutet – 50 % eines Jahrganges sollen nun das Abitur machen.1968 erfolgt die Genehmigung eines Aufbauzuges für den Erwerb der fachgebundenen Hochschulreife1967 wird der Westflügel (Bronnerbau) fertiggestellt um den wachsenden Schülerzahlen gerecht zu werden. 1978 Oberstufenreform mit Einführung des Kurssystems.
1981: RSD Wolfdieter Fichtner wird neuer Schulleiter, StD Dietrich Stellvertreter (bis 1990)
1990-94 StD Jaskulsky, seit 1994 StD Bezner.
1997: Teilung des MGB, Einrichtung des Edith-Stein-Gymnasiums mit Dr. Maria Halbritter als Schulleiterin.Das Melanchthon-Gymnasium wird fünf- bis sechszügig geführt und erhält nach schwierigen Verhandlungen die Profile Musik, Naturwissenschaften und Italienisch als dritte Fremdsprache.
Einführung des achtjährigen Gymnasiums (G 8).
Feierliche Verabschiedung von OStD Wolfdieter Fichtner am 22. September 2004 nach 23-jähriger Dienstzeit als Schulleiter.
2005 wird OStD Rüdiger Herrscher neuer Schulleiter. Der gezielte Ausbau einer Mensa, eines Multifunktionalraumes und einer Cafeteria, neue ITG-Räume und ein Ruheraum ermöglichen die pädagogisch sinnvolle Umsetzung des teilgebundenen Ganztagesbetriebes. Eine Fremdevaluation in der Probefeldphase wird durchgeführt: Das MGB erhält durch die Evaluatoren das Attribut: „Diese Schule hat eine Seele!“ Gleichzeitig werden Schwachstellen in Kommunikation, einheitlicher Unterrichtsqualität und Methodenkompetenz sichtbar. Die Ergebnisse führen zu Intensivierung der inneren Schulentwicklung, verschiedene Arbeitskreise mit Eltern, Schülern und Lehrern entstehen und erarbeiten entsprechende Konzepte. Schülerinnen und Schüler übernehmen in zunehmenden Maße soziale Aufgaben und verbessern damit das Schulklima: Schulsanitäter, Streitschlichter, Aufsichtshelfer, Mittagsbetreuer, AG-Leiter, und Tierpfleger arbeiten zuverlässig und kreativ. Eine Selbstevaluation soll 2007 die Zielvereinbarungen überprüfen.
Seit dem Schuljahr 2011/2012 hat das MGB eine neue Schulleiterin. OStD Elke Bender tritt ihr Amt im September 2011 an.