Es ist die Zeit der großen Jahrhundertwende. In Paris wird der Eiffelturm errichtet, die Pinselstriche auf den Gemälden werden ungenauer und die Menschen sehnen sich nach der Exotik ferner Länder. Diese Zeitreise konnte das Publikum am Freitag- und Samstagabend beim Konzert des Sinfonieorchesters Bretten am Melanchthon-Gymnasium miterleben. Nicht mehr romantisch, noch nicht modern: Dieser schwebende Zustand, dieses Aufbrechen zu etwas Neuem war deutlich in Maurice Ravels “Pavane pour une infante défunte” zu hören.
Ein Stück, das berührte und dessen Klangteppich ganz schlicht und melancholisch von den Streichern und Holzbläsern durch die Stiftskirche ausgebreitet wurde. Gerade bei den feinen Dynamikfacetten, auf die es bei dieser Musik so sehr ankommt, zeigte sich das Können des Orchesters, bestehend aus Schülern, Lehrern, Dozenten, Freunden und Dirigentin Carolin Wandel.
Beim zweiten Programmpunkt, dem 1. Satz aus dem Klavierkonzert in a-moll von Edvard Grieg, galt die Aufmerksamkeit dem 18-jährigen Solisten Johannes Antoni. Es braucht viel Kraft und Vehemenz für die Solopassagen, ebenso Zartheit und Flinkheit für die schnellen Läufe. Beides gelang dem jungen Pianisten herausragend. Und dabei in einem ständigen Dialog mit dem Orchester zu bleiben war der große Verdienst von Carolin Wandel. Einen kleinen Ausflug nach Cuba gab es als Zugabe von Johannes und seiner Schwester Carolin: Gershwins Cuban Overture vierhändig am Klavier.
Nach der Pause war die Reise über den Atlantik dann wirklich geschafft. Dvoráks 9. Sinfonie “Aus der Neuen Welt” war mit Sicherheit der Höhepunkt des Abends und gab dem Orchester die Möglichkeit, klanglich noch eins draufzusetzen: monumental, machtvoll, auch mal nachdenklich und verträumt: so klingt Amerika. Spätestens als Konzertmeister Robert Gervasi im zweiten Satz diese berühmte Melodie, die jeder irgendwo schon einmal gehört hat, so einfühlsam anstimmte, war jeder Zuhörer in der weiten Steppe angelangt. Da saß der eine oder andere im Publikum mit geschlossenen Augen da, um diesen Moment ganz für sich zu genießen.
Con fuoco, mit Feuer, Blech und Pauken, ging dann ein wunderbares und mitreißendes Konzert zu Ende.
Julia Schöffler