Am Wochenende begeisterte die Theater AG mit dem Stück: In Märchenhaft oder Der Aufstand der Stiefmütter
Herr von Steinburg (Moritz Schmidt) hat ein Problem. Die Märchenfiguren in dem von ihm verwalteten Märchenbuch drohen zu eskalieren. Sie sind frustriert, weil sie nicht aus dem Buch herauskommen, ihre Geschichten nicht mehr gelesen werden und sie in der Untätigkeit gefangen sind. Langeweile und Orientierungslosigkeit sind für Markus Mohr, den Autor des Dramas, eine Gewalt fördernde Grundlage und so beschäftigt sich das Stück mit ganz unterschiedlichen Ausprägungen von Aggression und Gewalt, jedoch immer in einem märchenhaften und daher auch amüsanten Gewand.
Alle werden sie immer wieder durch den verhassten Blätteralarm durcheinandergewirbelt, weil niemand mehr liest, sondern nur noch wahllos in dem Märchenbuch herumblättert. Da wirbeln die Märchenfiguren im effektvollen Flackerlicht vorwärts auf und wieder rückwärts von der Bühne herunter, es herrscht ein großes Durcheinander und das Publikum ist wie hypnotisiert.
In der Eingangsszene liegen die Nerven im Konflikt zwischen den drei Prinzessinnen (Cem Dönmez, Emilia Meinzenbach, Lena Wimmer) blank. Da werden beim Pokern mit überdimensionierten Spielkarten Neid, Missgunst und Statuskämpfe ausgetragen. Die vier bösen Stiefmütter (Mirja Henning, Vivien Unger, Anna Oehmig, Helene Schmoeckel) wollen – egal wie – Böses tun und schlechte Laune verbreiten, und dabei amüsieren sie die Zuschauer durch die von den Schauspielerinnen für die Figuren entwickelten Spleens.
In der von Frau Holle (Zhannet Kairat) gehosteten Kochshow zeigt sich, welche Folgen ein unfairer Wettbewerb hat. Immer gewinnt nur der süße Brei der putzigen Suse (Isabel Friedrichs), wohingegen die Pfefferkuchenhexe ihr Bestes gibt und doch kein Land gewinnt, sondern nur den verheerenden Kuss der Pechmarie, der alles nur noch schlimmer macht. Das Stück fragt immer wieder danach, wie und warum Aggression und Gewalt entstehen. So auch in der Szene der drei kleinen Schweinchen (Franziska Boch, Edvin Steinmetz, Charlotte Wehrle), in der es darum geht, wer welche Bildungschancen erhält und wie die privilegierten Schweine sich gegenüber den benachteiligten verhalten.
Der große böse Wolf (Linus Treskatsch) trifft auf die durch Vernachlässigung gepeinigten Blumen, die unbedingt von ihm gepflückt werden wollen und hat dabei Skrupel, denn er hat schließlich seinen schlechten Ruf zu verlieren. Peinlich berührt, weil er erwischt wird, muss er sich dennoch eingestehen, dass er Blumen liebt. (Text und Fotos: Soe)
Der Märchenbuchverwalter wird zwar am Ende tatsächlich Ziel einer Großdemonstration, kann sich jedoch mit Hilfe des Publikums gerade noch so wehren. Schließlich naht die Rettung durch ein Telefonat, in dem ankündigt wird, dass endlich ein Kind kommt und das Märchenbuch richtig liest und die Figuren so von ihrer inneren Leere und Frustration befreit.
Die Regie von Spielleiter Sven Reinwald gibt den Spielerinnen und Spielern viel Raum für die individuelle Ausgestaltung ihrer Rollen, wobei einige der Spielerinnen und Spieler gar mehrere übernehmen. Die liebevoll ausgesuchten Kostüme, die kunstvolle Maske (Judith Fritz, Christiane Knapp) und vor allem die in den Proben ausgefeilte Mimik, Gestik und Sprache der jungen Schauspielerinnen und Schauspieler tragen gemeinsam zu den durchweg begeisternden Abenden bei.
Zwei ganztägige Probentage mit der professionellen Schauspielerin und Theaterpädagogin Beate Metz, deren Engagement vom Förderverein des MGB finanziert wurde, waren ein ebenso wichtiger Baustein im Laufe der Produktion wie die fruchtbare Kooperation mit dem Verein des Gugg-e-mol Theater, der die Theater AG durch die Bereitstellung seiner Bühne unterstützt. Diese Kooperation wurde durch die Stadt Bretten und auch den Förderverein finanziert. Die engagierte Unterstützung durch Philipp Wasser, der in zahlreichen Proben Licht und Ton fein abstimmte, soll hier ebenso lobende Erwähnung finden wie Franziska Merkel, deren kreative Gestaltung der Plakate und des Bühnenbildes dazu beitrugen, die Inszenierung ästhetisch abzurunden. (Soe)