Bereits mit dem einleitenden „Jubilate Deo“ lieferte der Chor des Brettener Melanchthongymnasiums eine eindrucksvoll klingende Visitenkarte ab: Das altehrwürdige Gemäuer der Stiftskirche erfuhr Dank der polyphon aufknospenden Melodiegeflechte sowie hymnisch aufblühenden Harmonien eine geradezu erhebende Resonanz. Deutlich artikulierend und sehr sauber intonierend füllten diese stimmgewaltigen Choristen nicht nur den Raum, sondern auch die Herzen der Zuhörer aus.
Selbstredend, dass die Konzertabende vom Freitag und Samstag die „unverkennbare Handschrift von Marianne Abele tragen“, wie es Schulleiterin Elke Bender in ihrer Dankesrede treffend formulierte. Die Chorleiterin präsentierte und führte hier einen Chor, der mit traumwandlerischer Sicherheit in vielen Sparten der Vokalmusik Heimrecht hat. Im Zentrum stand der britische Komponist John Rutter, dessen Oeuvre an geistlichen Chorwerken jedem Zuhörer Ehrfurcht vor der Schöpfung samt Schöpfer predigt. Und das mit einer derart brillanten Klangsprache dass der sprichwörtliche Funke vom ersten Takt an überspringt und Ohren und Seele entflammt. „All creatures of our God and Kind“ kam im Wechsel mit Pauken und Trompeten daher. Jan-Christian Blömer hatte hier die Manuale und Register der Orgel hervorragend im Griff, Andreas Burghardt erwies sich besonders bei den Gospels als versierter Könner auf der Klaviatur. Rutters „For the beauty of the earth“ bescherte den Sopranistinnen und Altistinnen einen strahlenden Glanzmoment. Dieser glockenreine Gesang verzauberte mindestens genau so schön wie die balladesk besungene Schöpfung. Der Abschiedsgruß „The Lord bless you and keep you“ der Abiturientinnen knüpfte da nahtlos an. Die bewegend gesungene jüdische Hymne „Hine mah tov“ gab Deborah Effenberger Gelegenheit, mit ihrem zartem Flötenspiel mal wehmütige, mal lebensbejahende Farbtupfer aufzutragen. Gänzlich andere Töne im positiven Sinn stieß das Posaunenquartett der Jugendmusikschule Bretten an. Der Klang dieses qualitativ fabelhaften Quartetts reichte von einer kantablen Geschmeidigkeit bis hin zu herrlich satten Ausrufezeichen. Mit der „Fanfare Brillante“ (Nathan Farell) und Jean-Francois Michels eindrucksvoller Version von „Joshua fit the battle“ zeigten die vier, warum sie bei „Jugend musiziert“ derzeit an der Tabellenspitze stehen. Unter der Leitung von Susanne Bader hatten die vier Bläser das Kernthema griffig herausgemeißelt und variantenreiche Brocken waren es, die da in die Gehörgänge polterten. Die Schlacht von Jericho war denn auch eine ideale Hinführung zum zweiten Block mit seinen groovenden Gospels. „Precious Mem’ries“ sorgte mit seinen anschwellenden Akkorden für viel Schwungkraft in den Stimmbändern, Solist Jonathan Schmidt stellte bei „He’s got all in control“ sein wohltöniges Timbre mühelos unter Beweis. Verblüffend pointiert und variantenreich sprudelten die „Swinging Saints“ aus den vielen Kehlen. Trotz voreiligem Applaus war der frech aufblitzende Schluss noch gut mitzubekommen. Lob an das Publikum: Die Begeisterung war hier authentisch. Und die Höhepunkte sollten da erst noch kommen: Krönender Abschluss waren Pachelbels doppelchörige Motette „Singet dem Herrn ein neues Lied“ und Rutters „Nun danket alle Gott“. Da verwandeln sich Blechinstrumente zu Edelmetall, wenn dieses großartige Ensemble mit einem Atem Gott preist. Herrlich prunkvoll brachen hier auftrumpfende Klanggipfel aus dem Boden auf. Mit ihrem bezwingend animierenden Dirigat schien Abele den Chor umarmen zu wollen. Die Zuhörer samt Sänger spendierten ihr hiernach reichlich Staccato-Applaus.
Bernd Neuschl